Wertvolle Benin-Bronzen an Nigeria zurückgegeben
Kultustaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock haben am Dienstag 20 Benin-Bronzen an Nigeria zurückgegeben. "Es war falsch, sie zu nehmen, und es war falsch, sie zu behalten", sagte Baerbock. Weitere Rückgaben sollen folgen.
In einem als "Wendepunkt internationaler Kulturpolitik" bezeichneten Schritt haben Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) an diesem Dienstag in der nigerianischen Hauptstadt Abuja 20 kostbare Benin-Bronzen zurückgegeben. Die Kunstschätze gehörten bisher zu Beständen von Museen in Berlin, Hamburg, Köln, Dresden, Leipzig und Stuttgart.
Die Grünen-Politikerinnen waren am Sonntag in das krisengeschüttelte westafrikanische Land gereist [tagesschau.de] gereist, um die Exemplare persönlich an die nigerianische Seite zu übergeben. Baerbock und Roth wurden dabei von den Spitzen mehrerer Museen begleitet.
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Die Rückgabe zeige die "Bereitschaft, das eigene Handeln kritisch zu bewerten" mit einem "offenen Ohr für die Sorgen derjenigen, die Opfer kolonialer Grausamkeiten waren", sagte Baerbock während der Zeremonie. Dies sei besonders wichtig für die Menschen in Nigeria, "weil es nicht nur Kunststücke sind, nicht nur kulturelles Erbe, sondern auch ein Stück von Identität".
Nigerias Bitte um Rückgabe sei lange Zeit ignoriert worden. Dies sei nun ein erster Schritt. "Es sind viele, viele Bronzen, die gestohlen worden sind. Deswegen werden auch viele Bronzen zurückkommen", sagte Baerbock.
DPA/Daniel Bockwoldt
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Bisher über 1.100 Schätze in 20 deutschen Museen
Mehr als 1.100 der Arbeiten aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, waren bisher in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte, die neben Bronze auch aus Elfenbein und anderen Materialien gefertigt sind, stammen größtenteils aus britischen Plünderungen im Jahr 1897. "Es war falsch, sie zu nehmen, und es war falsch, sie zu behalten", sagte Baerbock. "Dies ist eine Geschichte des europäischen Kolonialismus. Es ist eine Geschichte, in der unser Land eine dunkle Rolle spielte und in verschiedenen Teilen Afrikas großes Leid verursachte."
Die nun beteiligten fünf Museen und ihre Träger hatten vor den Rückgaben bereits die Eigentumsrechte an sämtlichen Benin-Bronzen übertragen. Dabei waren auch Abkommen zu Leihgaben geschlossen worden, damit einige der Kunstschätze weiter in Deutschland gezeigt werden können. Ministerin Baerbock würdigte auch die Rolle der Museumsträger. "Sie haben die Übertragung des Eigentums an den Bronzen ermöglicht und die bahnbrechenden Verträge mit Nigeria geschlossen", sagte sie.
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Shlüssel für Türen des Königspalasts von Benin; 19. Jahrhundert; Eisen, Messing; ca. 81 x 12 x 3 cm; in Auftrag gegeben im Königreich Benin vor 1897; Besitz vor 1897 derzeit unbekannt; wahrscheinlich geplündert im Zusammenhang mit der britischen Eroberung Benins, 1897; verkauft an das Königliche Museum für Völkerkunde in Berlin, 1898., Ident.-Nr. III C 7625 | Bild: © Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum / Eva Ritz
Kunst solle zugänglich sein, sagte Baerbock. Deshalb beteilige sich Deutschland am Bau eines Kunstpavillons im Bundesstaat Edo, wo die Bronzen ausgestellt werden sollen. "Das Entscheidende ist: Sie wissen, dass sie Ihnen gehören. Und Sie wissen, wo sie sind."
Nur so wird unsere koloniale Vergangenheit Teil unserer Erinnerungs- kultur und das Erinnern an vergangenes Unrecht eine Verpflichtung für eine gerechtere Gegenwart.
Claudia Roth, Kulturstaatsministerin
Roth: Koloniale Vergangenheit soll "Teil unserer Erinnerungskultur" werden
Claudia Roth sprach von einem "historischen Moment, der nicht nur unsere beiden Länder, sondern auch unsere Kontinente miteinander verbindet". Die Begegnung sei getragen von Respekt, Interesse und dem Wunsch, voneinander zu lernen. "Wir wollen lernen aus der Auseinandersetzung mit unserer Kolonialgeschichte und wir wollen Verantwortung übernehmen", sagte Roth. "Nur so wird unsere koloniale Vergangenheit Teil unserer Erinnerungskultur und das Erinnern an vergangenes Unrecht eine Verpflichtung für eine gerechtere Gegenwart."
Dieser erste konkrete Schritt solle "die Scham darüber nicht verschleiern, dass Nigerias Wunsch nach einer Rückgabe jahrzehntelang ignoriert oder zurückgewiesen wurde." Deutschland habe zu lange die Augen verschlossen "vor dem Unrecht, das mit diesen Bronzen verbunden blieb, die so lange in unseren Museen gezeigt wurden oder in Depots lagerten".
"Kein Schlussstrich, ein Beginn"
Roth sprach von einem "Wendepunkt in der internationalen Kulturpolitik" und Auftakt für weitere Rückgaben: "Was heute beginnt, ist kein Schlussstrich, es ist ein Beginn. Der Beginn künftiger Kooperationen und eines stärkeren Kulturaustauschs."
Nigerias Kulturminister Lai Mohammed dankte für die Rückgaben: "Noch vor 20 oder sogar 10 Jahren, hätte niemand die Rückkehr dieser Bronzen nach Nigeria vorausahnen können, weil die Hindernisse für eine Rückführung unüberwindbar schienen." Er appellierte an alle Institutionen weltweit, Museen wie das British Museum und Sammler, Kulturgüter seines Landes zurückzugeben. "Sie müssen verstehen, dass viele dieser kulturellen Objekte nicht einfach Kunstwerke für uns sind, sondern den wahren Kern unseres Seins ausmachen." Es gehe bei den Stücken um die Kultur und das Erbe Nigerias. "Sie gehören hierher und nirgendwo sonst hin."
Der nigerianische Außenminister Geoffrey Onyeama begrüßte die Rückführung als Zeichen der guten Beziehung beider Länder. Nigeria erhebe zwar Anspruch auf die Objekte und wolle sie dort sehen, wo sie hingehörten. Dennoch sehe Nigeria die Benin-Bronzen in einem weiteren Zusammenhang aller Menschen: "Sie sind ein gemeinschaftliches Vermögen der Menschheit."
Sendung: rbb24, 20.12.22, 16:00 Uhr
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